13 Dezember 2011

Die Reise des Lebens

© Stephanie Poschmann

Seit meiner Kindheit fasziniert mich das Fliegen - das diese tonnenschweren Flugzeuge sich in die Luft erheben und man den einmaligen Blick von oben auf unsere Städte, Länder und Meere hat.

Das Fliegen ist für mich auch eine Metapher für das Leben: Wir starten ins Leben, haben Höhenflüge und Abstürze, Turbulenzen und ruhige klare Luft und Unwetter, die wir lieber umfliegen. Unten am Boden kann es dunkel und regnerisch sein und über den Wolken scheint die Sonne.

Mit dem Gedicht von Ringelnatz möchte ich zu dem Gedanken "Leben und leben lassen" einladen ... und auch ein bisschen zum schmunzeln.

Die Fliege im Flugzeug

Ich war der einzige Passagier
Und hatte nur zum Spaße
Eine lebende Fliege bei mir
In einem Einmachglase.

Ich öffnete das Einmachglas.
Die Fliege schwirrte aus und saß
Plötzlich auf meiner Nase
Und rieb sich die Vorderpfoten.
Das verletzte mich.
Ich pustete. Sie setzte sich
Auf das Schildchen »Rauchen verboten«.

Ich sah: der Höhenzeiger wies
Auf tausend Meter. Ha! Ich stieß
Das Fenster auf und dachte
An Noahs Archentaube.
Die Fliege aber ich glaube,
Sie lachte.
Und hängte sich an das Verdeck
Und klebte sehr viel Fliegendreck
Um sich herum, im Kreise,
Unmenschlicherweise.

Und als es dann zur Landung ging,
Unser Propeller verstummte,
Da plusterte das Fliegending
Sich fröhlich auf und summte.

Gott weiß, was in mir vorging,
Als solches mir durchs Ohr ging.
Ich weiß nur noch, ich brummte
Was vor mich hin. So ungefähr:
Ach, dass ich eine Fliege wär.

(Joachim Ringelnatz, aus der Sammlung
Flugzeuggedanken,
1929)


Eingereicht von:


Stephanie Poschmann
Illustrations- & Grafik-Designerin
www.madebystp.de.tl

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